Der kanadische Online-Shop-Riese Shopify hat in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Was 2004 als einfaches Baukasten-System eines deutschen Auswanderers begann, ist mittlerweile eine umfangreiche Shop-Lösung, die von Kleinunternehmen, Startups und Händlern auf der ganzen Welt geschätzt wird.
Doch was genau macht das Unternehmen eigentlich? Wer steckt hinter Shopify und wie hat sich der Shop-Anbieter in den letzten Jahren entwickelt? Wir analysieren diesmal die Geschichte von Shopify und betrachten, was das Unternehmen zum zweitgrößten E-Commerce-Unternehmen in Nordamerika macht.
Vom Snowboard-Shop zum Baukasten-System
Die Geschichte von Shopify beginnt mit dem deutschen Auswanderer Tobias Lütke. Der in Kanada lebende Programmierer hatte eine Reihe von Development Jobs absolviert, fühlte sich ausgebrannt und beschloss 2004 einen Online-Shops für Snowboards zu eröffnen.
Gemeinsam mit seinen Freunden Daniel Weinand und Scott Lake gründete er im selben Jahr „Snowdevil“ und machte sich auf die Suche nach einem einfachen System für den Snowboard-Shop. Dabei fiel dem Gründer auf, dass es keine einfache Baukasten-Systeme zum Erstellen eines Online-Shops gab. Insbesondere für technisch weniger versierte Unternehmer war das Aufsetzen eines Shops damals eine komplizierte Angelegenheit, die mit vielen Hürden verbunden war.
Lütke sah dieses Problem als Chance für sein Unternehmen und beschloss, ein einfach anwendbares und intuitives Online-Shop-System für Jedermann zu entwickeln. Aus dem „Snowdevil“ Snowboard-Shop wurde erst „Jaded Pixels“ ehe das Unternehmen 2006 zu „Shopify“ umbenannt wurde.
Noch im selben Jahr ging auch erstmals die Online-Shop-Plattform von Shopify online. Da Shopify in den ersten Jahren aber kaum in Wachstum investierte, stiegen dir Userzahlen nur langsam an. 2008 machte sich Lütke daher im Silicon Valley auf die Suche nach Investoren und erhielt einige vielversprechende Angebote. Diese Angebote waren aber daran geknüpft, dass das Unternehmen seinen Sitz nach Kalifornien verlegte. Da Lütke die dortige Unternehmenskultur allerdings störte, konnte man sich auf keinen Deal mit Investoren einigen. Es dauerte also weitere zwei Jahre bis Shopify wirklich größere Bekanntheit erlangte.
Im Jahr 2010 veranstaltete Shopify ein Gewinnspiel. Dabei sollte der Shopify-Händler mit dem höchsten Umsatz innerhalb von 2 Monaten kostenlos ein MacBook Pro erhalten. Der befreundete Autor, Blogger und Business Angel Tim Ferriss riet Lütke aber dazu, das Preisgeld auf 100.000 Dollar zu erhöhen, um möglichst viele Leute zu erreichen. Das Gewinnspiel war schlussenldich ein voller Erfolg. Innerhalb kurzer Zeit konnten 1.400 neue Händler auf der Plattform begrüßt werden und Lütke konnte erstmal Venture-Capital von Investoren aufnehmen.
In den nächsten Jahren wuchs Shopify, ausgestattet mit insgesamt über 120 Mio. an Wagniskapital, signifikant und konnte immer mehr User gewinnen. Dabei entwickelte sich auch die Plattform stetig weiter. Dazu aber später mehr.
Credits: Roberto Cortese von Unsplash
Entwicklung zum E-Commerce-Giganten
2015 erfolgte der Börsengang von Shopify. Mit dem IPO einhergehend, verfolgte das kanadische Unternehmen auch eine aggressive Growth-Strategie. Das hatte zwar zur Folge, dass Shopify bis 2019 keine schwarzen Zahlen schrieb, aber den Umsatz und die Userzahlen exorbitant steigern konnte.
Betrachtet man die Unternehmenszahlen vor & nach dem Börsengang, wird das rasante Wachstum besonders deutlich. Schon im ersten Jahr nach dem IPO konnte der Umsatz auf 390 Mio. Dollar verdoppelt werden. Bis Ende 2017 stieg der Aktienkurs um 588 %, der Unternehmenswert auf 11,6 Milliarden EUR und es gab bereits 400.000 Shops, die mit Shopify erstellt wurden.
Befeuert durch die Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Digitalisierung vieler kleiner Handelsunternehmen wuchs Shopify in den letzten zwei Jahren nochmals stark. 2020 gab es bereits über 1 Mio. Händler, die auf Shopify als Shop-System setzen. Zudem ist der Umsatz auf über 2,9 Milliarden Dollar gestiegen und es konnte ein Gewinn von über 300 Mio. EUR eingebucht werden.
Mittlerweile schwören die größten Unternehmen der Welt auf die E-Commerce-Lösungen von Shopify. Darunter Google, Facebook, Tesla, General Electric und die bekanntesten Online-Händler wie z.B. Kylie Jenner mit ihren Beauty-Produkten.
Der Aktienkurs von Shopify ist einer der am besten performenden Kurse der S&P 500 Aktien und liegt (Stand August 2021) bei knapp 1.450 Dollar pro Aktie. Damit kommt Shopify auf eine Marktkapitalisierung von über 181 Milliarden US-Dollar und ist, hinter Amazon, das zweitgrößte E-Commerce-Unternehmen in Nordamerika.
Geschäftsfelder & Geschäftsmodell von Shopify
Im Kern ist Shopify ein Baukasten-System, welches das Aufsetzen eines Online-Shops so einfach & intuitiv wie möglich gestalten soll. Über die Jahre hinweg entwickelte sich Shopify aber noch weiter und wagte sich in weitere Geschäftsfelder, was es heute zur einer mächtigen Plug-and-Play Komplettlösung für Online-Shops macht. Die Plattform besitzt eine hohe Benutzerfreundlichkeit und vereint (anders als weitere Shop-Lösungen am Markt) viele Features in einem Produkt und zu einem Preis.
Shopify-Händler können zum einen aus einer Vielzahl an Templates wählen – was die Ersterstellung eines Shops kinderleicht macht. Zum anderen können einzelne Produkte, Produktbeschreibungen, Bilder, der Checkout-Prozess einfach im Admin Dashboard konfiguriert werden. Auch für Marketer bietet Shopify zahlreiche Features. So kann zum Beispiel ein Blog erstellt werden, SEO Texte bearbeitet werden oder zahlreiche Marketing-Kennzahlen in den Statistiken abgerufen & ausgewertet werden.
Auch was die Kompatibilität & Integrationen betrifft kann Shopify punkten. So brauchen Händler keine eigenständige Datenbank, sondern können die praktische Cloud-Datenbank von Shopify nutzen. Es gibt zahlreiche Schnittstellen in alle gängigen Warenwirtschafts- und ERP-Systeme und unzählige Apps, mit denen man den Shop an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Zudem lassen sich Shopify-Shops relativ einfach mit anderen Marktplätzen, wie Ebay oder Amazon verknüpfen.
Wie bereits erwähnt, ist Shopify aber mittlerweile in weiteren Geschäftsfeldern tätig. So beschloss CEO & Gründer Tobias Lüttke 2019 eine Robotikfirma um 450 Millionen Dollar zu kaufen, um das Warenlager von Shopify zu automatisieren. Damit machte das Unternehmen einen großen Schritt in den Logistik-Sektor. Mit dem hauseigenen „Buy Now“– Button in Facebook Stores hat man außerdem eine einfache Möglichkeit geschaffen, um Produkte an Social Media User zu verkaufen. Auch im Online-Marketing-Bereich ist Shopify tätig. So nutzen große Unternehmen wie Red Bull oder Budweiser die Software, um große Marketing-Kampagnen zu schalten. Außerdem schafft Shopify mit dem Marketplace Möglichkeiten, um Unternehmen mit Designern, Entwicklern und Experten zu vernetzen.
Von Shopify profitieren vor allem Klein- und Mittelunternehmer, Startups und Shops mit einer geringen Produktanzahl. Diese Kundengruppe ist das Rückgrat der Shopify-Community und dementsprechend ist auch das Geschäftsmodell des kanadischen E-Commerce-Anbieters an diese Zielgruppe angepasst.
Grundsätzlich ist die Nutzung der Shopify-Software kostenpflichtig. Die Preise starten bei 9 Dollar pro Monat für den Starter Lite Plan und gehen in den einzelnen Preisstufen bis auf 299 Dollar pro Monat. Die Shopify Plus Preise für Großkunden beginnen grundsätzlich ab 2.000 Dollar pro Monat. Auch für die Nutzung von Apps & Integrationen muss man bei Shopify zahlen.
Pricing Shopify – Screenshot von shopify.de/preise
Aber die monatliche Abo-Gebühr & die App-Gebühren sind nur ein Teil des Geschäftsmodells. Die zweite große Säule des Geschäftsmodells ist Shopify Payments. Shopify Payments ist der Zahlungsdienst, mit dem die Zahlungstransaktionen von Bestellungen abgewickelt werden können. Darunter fallen zum Beispiel Kreditkartenkäufe, Sofortüberweisungen, EPS-Überweisungen, Klarna uvm. Dafür verrechnet das Unternehmen eine Transaktionsgebühr. So verdient das Unternehmen an jeder Bestellung in einem Shopify-Shop ca. 2% Provisionsgebühren und ist mehr oder weniger am Erfolg der Händler beteiligt. Aktuelle Zahlen zeigen, dass Shopify Payments mittlerweile schon für einen Großteil des Umsatzes des Unternehmens verantwortlich ist.
Mit dieser Lösung entwickelt sich Shopify vom E-Commerce-Anbieter immer mehr zum FinTech und Zahlungsdienstleister. Neuere Geschäftsfelder wie Shopify Capital, bei dem Shops Kredite gewährt werden, um das Inventar des Shops zu kaufen – bestätigen diesen Trend.
Shopify im Vergleich mit anderen Shop-Lösungen
Natürlich ist Shopify nicht der einzige E-Commerce-Anbieter am Markt. Es gibt zahlreiche Konkurrenten wie zum Beispiel Magento, WooCommerce oder BigCommerce. Während man den Vergleich zwischen Shopify und den einzelnen Anbietern natürlich sehr ausführlich gestalten kann – möchten wir uns in diesem Artikel eher auf das Wesentliche beschränken.
Einer der Hauptunterscheidungsmerkmale zwischen dem kanadischen Software-Anbieter und den weiteren führenden E-Commerce-Anbietern ist, dass Shopify ein kommerzielles Produkt ist, bei dem man für die Nutzung also zahlen muss, wohingegen Magento oder WooCommerce beispielsweise Open-Source (also kostenlos) sind. Shopify kommt zudem mit einer eigenen Hosting-Lösung (das heißt, die Website wird auf den Servern von Shopify bereitgestellt). Für Open Source Anbieter braucht man in der Regel einen eigenen Hosting-Anbieter.
Vor allem die einfache Nutzung macht Shopify für Anfänger zur deutlichen besseren Lösung. Allerdings ist es auch die einzige Plattform, die eigene Transaktionsgebühren erhebt – insbesondere für größere Shops ein essentieller Nachteil. Zudem kommt es bei Shopify schnell vor, dass man mehrere Apps für den Shop benötigt und so zusätzliche Gebühren zahlen muss. Bei Open Source Anbietern sind Apps in der Regel auch kostenfrei erhältlich.
So ist es nicht überraschend, dass Shopify eher von kleinen Unternehmen & Startups genutzt wird – wohingegen Magento oder WooCommerce aufgrund der höheren Komplexität und Installationsanforderungen eher von größeren Unternehmen bevorzugt werden.
Shopify vs. Amazon
Zu guter Letzt möchten wir Shopify auch noch mit dem E-Commerce-Giganten Amazon vergleichen. Nachdem 2020 das Rekordjahr für den Online-Shopping-Markt war, möchten wir uns die Machtverhältnisse der beiden nordamerikanischen Größen im Detail ansehen.
Grundsätzlich kann man Amazon und Shopify nur schwer vergleichen, weil sie sehr unterschiedliche Unternehmen mit kaum vergleichbaren Geschäftsmodellen sind. Während Shopify die erste Anlaufstelle für den eigenen Online-Shop ist, ist Amazon der Internet-Marketplace und E-Commerce-Händler schlechthin. Was die beiden Unternehmen aber vergleichbar macht, ist wie viel Umsatz einzelne, selbstständige Marken und Händler über die jeweilige Plattform mit Direktverkäufen an Kunden erzielen können.
Amazon ist mit seinem Marketplace auch weiterhin der Marktführer. Der US-Konzern wickelte 2020 Transaktionen im Wert von rund 300 Mrd. EUR ab. Das ist eine Steigerung von knapp 50% im Vergleich zum Vorjahr. Shopify Shops erzielten im Jahr 2020 hingegen einen Umsatz von 119 Mrd. EUR. Damit konnten die Händler des kanadischen Unternehmens eine Umsatzsteigerung von 96% im Vergleich zum Vorjahr generieren.
Shopify ist somit circa 40% der Größe von Amazon. Im Vergleich zu den letzten Jahren wird der Größenunterschied allerdings Schritt-für-Schritt geringer. War das Unternehmen 2018 noch etwa 25% so groß wie Amazon, konnte es in den letzten zwei Jahren den Anteil deutlich erhöhen.
Bruttowarenwert Shopify als Anteil von Amazons Bruttowarenwert – Quelle: https://www.marketplacepulse.com/articles/shopify-is-40-as-big-as-amazon-marketplace
Die Geschäftsmodelle beider Unternehmen sind unterschiedlich und sie stehen nicht in direkter Konkurrenz. Nichtsdestotrotz zeigen die Zahlen einen Trend, der für Amazon unter Umständen gefährlich sein könnte: Als Shopify gegründet wurde, war Amazon für Händler der effizienteste Kanal, um neue Kunden zu erreichen. Seit der Gründung von Shopify verkaufen aber immer mehr Händler direkt an Kunden (D2C Modell). Vergleicht man die Wachstumsraten, so ist davon auszugehen, dass Shopify Amazon schon in 5 Jahren überholen könnte.
Während Shopify als Unternehmen dann zwar noch immer deutlich kleiner als Amazon sein wird, so zeigt es doch, dass Amazon kein unbesiegbarer Platzhirsch im E-Commerce-Bereich ist und vor allem im D2C Markt noch viele Potential für weitere Unternehmen herrscht.
Fazit – Shopify eine Unternehmensanalyse
Das kanadische E-Commerce-Unternehmen Shopify hat es geschafft, ein einfach anwendbares Baukasten-System für Online-Shops zu entwickeln. Dadurch konnte es in den letzten Jahren rasant wachsen und wurde zum zweitgrößten E-Commerce-Unternehmen in Nordamerika. Shopify ist die ideale Lösung für Klein- und Mittelunternehmer, die Produkte in einem eigenen Shop verkaufen möchten.
Dank dem innovativen Geschäftsmodell ist sichergestellt, dass Shopify indirekt am Erfolg seiner Shops beteiligt ist und dadurch immer mehr Avancen in Richtung FinTech macht. Das macht das kanadische Unternehmen unserer Meinung zu einem zukunftsträchtigen Unternehmen, das Amazon die Marktführerschaft im D2C-Bereich streitig machen kann.
Wie verdient Shopify Geld?
Die Nutzung der Shopify kostenpflichtig. Die Preise starten bei 9 Dollar pro Monat für den Starter Lite Plan und gehen in den einzelnen Preisstufen bis auf 299 Dollar pro Monat. Die Shopify Plus Preise für Großkunden beginnen grundsätzlich ab 2.000 Dollar pro Monat. Die zweite große Säule des Geschäftsmodells ist Shopify Payments.
Wer ist Größer - Shopify oder Amazon?
Amazon ist mit seinem Marketplace auch weiterhin der Marktführer. Der US-Konzern wickelte 2020 Transaktionen im Wert von rund 300 Mrd. EUR ab. Das ist eine Steigerung von knapp 50% im Vergleich zum Vorjahr. Shopify Shops erzielten im Jahr 2020 hingegen einen Umsatz von 119 Mrd. EUR.