Mit der rasanten Entwicklung des E-Commerce wird die Lieferung von Fertigprodukten direkt an die Kunden, ohne auf Drittanbieter angewiesen zu sein, für einige Unternehmen zur ersten Wahl. Diese Strategie ist als D2C oder DTC (Direct to Consumer) bekannt. Marken, die ihre Produkte per DTC direkt an den Kunden bringen, überspringen den Zwischenhändler, beispielsweise die großen Handelsketten im Lebensmittel- oder Elektronikbereich.
Direkt an den Verbraucher gerichtete Geschäfte können die Waren selbst herstellen oder diese von einem Produzenten herstellen lassen. Das Festhalten an DTC verschafft dem Unternehmen einen Vorteil, da nur sie die volle Kontrolle und den vollen Zugriff auf das Produkt und seine Verkäufe haben.
An dieser Stelle kommen Private Label und White Label ins Spiel. Um was es sich dabei handelt, möchte ich jetzt erklären.
Was ist ein Private Label?
Als Private Label bezeichnet man eine Marke, die dem Einzelhändler gehört. Die Verpackung, der Verkauf, der Preis und alles andere wird vom Einzelhändler verwaltet und kontrolliert, für die Produktion ist jedoch der Hersteller zuständig.
Der Begriff Private Label ist in Deutschland auch als Handelsmarke bekannt. Diese findet man bereits seit vielen Jahrzehnten in Deutschland, unter dem Begriff Private Label ist dieses Konzept allerdings erst im E-Commerce so richtig bekannt geworden.
Nachfolgend sind einige Beispiele für Sektoren aufgeführt, in denen Private Labels immer mehr dominieren:
Lebensmittel
Jeder kennt die Eigenmarken von Aldi und anderen Discountern. Sie befinden sich im Regal neben den Markenprodukten und stellen eine günstigere Alternative dar, zu denen die meisten Kunden häufig greifen.
Elektrogeräte
Ein gutes Beispiel von Private Label Elektrogeräten sind die Smartphones von Google. Diese wurden bereits von LG, HTC und zuletzt Foxconn hergestellt, aber unter dem Markennamen Nexus oder Pixel von Google vertrieben.
Supplements
Ein Klassiker sind Supplemente wie Eiweißpulver. Die Hersteller bieten Standardformeln oder konfigurierbare Supplemente an, die dann nach Bedarf als Private Label produziert und versendet werden.
Die Vorteile von Handelsmarken für Verkäufer
Gerade im E-Commerce gibt es immer mehr Shops, die ihre Produkte als Private Label vertreiben und Hersteller, sowie Logistik und Fulfillment Dienstleister, die den reibungslosen Vertrieb ermöglichen. Das ist auch in einigen Branchen eine Notwendigkeit, die durch den Preisdruck im E-Commerce entstanden ist.
Hier sind einige der großartigen Vorteile, die durch Eigenmarken entstehen:
1) Kontrolle und Eigentum über die Produktion
Der Hauptvorteil von Handelsmarken ist die vollständige Kontrolle über die Produktion und das Eigentum an dem Produkt. Der Einzelhändler lenkt den Hersteller und definiert die Inhaltsstoffe, Komponenten und sogar kleine Details wie Form, Struktur, Textur und Größe des Produkts.
2) Anpassungsfähigkeit und Flexibilität
Der Verkäufer kann schnell auf das Feedback der Kunden reagieren und sein Produkt anpassen bzw. weiterentwickeln. Da es keinen Mittelsmann gibt, können Produktzyklen beschleunigt werden und das veränderte Produkt direkt im eigenen Shop angeboten werden.
3) Erhöhte Margen
Private Labels ermöglichen in der Regel größeren Margen. Folglich entsteht die Möglichkeit, den Preis zu senken oder bei gleichem Preis mehr Gewinn zu erzielen. Beispielsweise kann Aldi seine Nuss-Nougat-Creme günstiger verkaufen, als Nutella, da Ferrero nicht an den Verkaufserlösen beteiligt werden muss.
4) Markenbildung
Die Loyalität und Popularität der Verbraucher sind treibende Faktoren für die Etablierung eines Markennamens auf dem Markt. Einzelhändler, die Marken Dritter verkaufen, gewinnen keinen Kundenmarkt, da sich die Kunden nur mit den Produkten beschäftigen, die sie verkaufen. Bei Eigenmarken darf der Einzelhändler die Produkte unter der Marke oder dem Markennamen seines Unternehmens verkaufen und stärkt damit die Kundenbindung.
Die Nachteile von Private Labels
Jede Münze hat zwei Seiten – das ist auch hier der Fall. So ist die Etablierung einer Marke bei den Kunden nicht einfach: Die Herstellung und Etikettierung von Produkten unter dem eigenen Markennamen ist zwar heutzutage recht simpel, aber die Etablierung eines loyalen Kundenstamms ist es nicht. Es ist eine gewaltige und mühsame Aufgabe.
Kurz gesagt, der Verkäufer steht nun im Wettbewerb mit großen Namen oder Marken. Diese etablierten Marken haben viele Vorteile gegenüber einer neuen Handelsmarke. Zunächst einmal sind ihre Produkte in einer breiten Palette in mehreren Online- und Offline-Geschäften mit riesigen Budgets für die Werbung der Produkte erhältlich. Es ist ein Verdrängungswettbewerb, der Geduld, Anstrengungen, Qualität und viel kreative Werbung erfordert, um sich zu profilieren.
Es hilft, Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln, um sich von den etablierten Marken zu unterscheiden oder exklusive Vertriebswege zu verwenden. So sind Online-Shops beispielsweise in der Lage, Bestandskunden über E-Mail Newsletter zu erreichen und die Vorteile des eigenen Produkts zu erklären. Auch bieten sich moderne Marketing Kanäle wie Social Media an, wo die Konkurrenz noch nicht vollends fuß gefasst hat.
Was ist ein White Label?
White-Label-Produkte werden an mehrere Einzelhändler verkauft und sind generisch. Dabei handelt es sich um ein Produkt, das vom entwickelt und hergestellt wird und Partnern mit individuellem Branding zur Verfügung gestellt wird. Im Gegensatz zum Private Label ist dieser Partner nicht in der Lage, die Spezifikationen des Produktes zu ändern. Er erhält und vertreibt lediglich ein standardisiertes Produkt unter seiner Marke.
Es gibt immer mehr Beispiele von White Label Produkten. Hier sind einige davon:
Services
Digitale Services wie beispielsweise Web Development, SEO, Social Media Marketing etc. können als White Label Service angeboten werden.
Software
Software für Agenturen wird oft als White Label angeboten. Beispielsweise ermöglicht Sendible es Agenturen, ihre Services mit ihrem eigenen Branding zu präsentieren und individualisierte Reports zu erstellen.
Kosmetik
Bei Kosmetik verschwimmen die Grenzen zwischen Private Label und White Label. Kosmetikhersteller bieten allerdings oft Standardprodukte an, die dann als White Label verkauft werden, sodass sich der Verkäufer lediglich um die Präsentation kümmern muss.
So unterscheiden sich Private Label und White Label
Der Unterschied zwischen einem Private Label und einem White Label kann auch den ersten Blick verwirrend wirken. Gerade auch, weil im Deutschen beides oft als Private Label oder Handelsnamen angepriesen wird, fällt die Unterscheidung oft schwer. Es gibt aber einige Punkte, in denen sich Private Label und White Label klar voneinander unterscheiden.
Art der Produkte
Private Labels sind, im Gegensatz zu White Labels, meist physischer Natur. Sie werden in der Regel in großen Mengen hergestellt.
Auf der anderen Seite sind White Labels oft Dienstleistungen oder Software, jedoch nicht ausschließlich.
Reichweite oder Markt
Private Labels sind ausschließlich für die Eigenmarke des Einzelhändlers.
White Label-Produkte sind oft generisch und somit für einen breiten Markt konzipiert.
Privatisierung oder kundenspezifische Anpassung des Produkts
Die Anpassung von Produkten ist für den Eigentümer der Handelsmarke sehr einfach. Die Idee hinter einem Private Label ist ja, dass der Verkäufer die Kontrolle über das Produkt hat, während der Hersteller daran arbeitet, die Produktion für den Eigentümer der Marke zu übernehmen.
Im White-Label-Bereich werden bereits Produkte entwickelt und hergestellt, ohne einen Abnehmer dafür zu haben. Daher werden diese Produkte zuerst nicht nach den Wünschen der Kunden gestaltet. Im Gegenteil, der Kunde wählt sich sein White-Label-Produkt nach seinen eigenen Vorstellungen aus.
Kapitalrendite
Ein Private Label ist zumindest anfangs kostspieliger, da der Einzelhändler alle Kosten von der Entwicklung, über die Herstellung bis zur Verpackung und Auslieferung des Endprodukts tragen muss. Auch die Werbekosten werden vom Einzelhändler getragen. Aufgrund der Exklusivität des Produkts kann jedoch ein besserer ROI erwartet werden.
White Label-Produkte sind zu einem günstigeren Preis in ihrer finalen Form erhältlich. Die größte Investition sind die Werbekosten, da jedoch Entwicklungskosten wegfallen, ist der ROI von Anfang an groß.
Exklusivität oder Unikat
Da der Eigentümer der Marke der geistige Schöpfer des Produktes ist, kann er den Produkten einzigartige Designs, Details und Identitäten verleihen.
Produkte unter White Label sind nicht exklusiv und sehr allgemein gehalten. Daher bieten sie dem Unternehmen keine einzigartigen Merkmale.
Wie DTC auch in Deutschland immer besser Fuß fasst
Leichter Zugang, exklusive Produkte und sichere Zahlungen mit E-Commerce-Webseiten sind für Unternehmer starke Argumente für das Direct To Consumer Modell. Traditionelle Unternehmen können ihre Produkte über bekannte Händler anbieten, um von dem Vertrauen, welches Kunde dem Händler entgegenbringt, zu profitieren. Startups und kleinere Unternehmen haben aber in den meisten Fällen nicht das Budget, um diesen Weg zu gehen. Sie setzen auf schlanke Vertriebsstrukturen, lagern die Produktion oft ganz aus und konzentrieren sich auf das, was sie stark macht: eine treue Kundenbasis zu gewinnen und diese optimal zu bedienen.
Unternehmen, die auf DTC setzen, unterstützen oft auch lokale, einheimische Märkte und Produkte. Mit Online-Shop Software wie Shopify oder WooCommerce ist es für einen Neueinsteiger leicht, einen Shop einzurichten. Die Integration von Vertrieb, Marketing, Produktion und Fulfillment gelingt ohne viel Knowhow oder ein großes Budget.
DTC ist nicht nur für E-Commerce eine Option, sondern auch für Offline-Händler. Mit dem zunehmend digitalen Markt und den Haus-zu-Haus-Lieferdiensten bieten sich jedoch ein Web-Shop besonders gut an. Viele Unternehmen verknüpfen einen Offline-Service oder Produkt deshalb mit einem Online-Shop.
Ein gutes Beispiel dafür sind Kochboxen wie HelloFresh. Die Marke selbst setzt auf einen einfachen Online-Shop und eine starke Social Media Präsenz, die Influencer und Blogger Marketing nutzt, um die Zielgruppe anzusprechen. Es gibt verschiedene Speisepläne wie klassisch oder vegetarisch, die auf unterschiedliche Kundenprofile zugeschnitten sind. Damit der Kunde immer über den Stand seiner Lieferung Bescheid weiß, gibt es zudem eine Android und iOS App. Auf diese Weise kann HelloFresh die großen Retailer und die damit verbundenen Kosten umgehen.
Durch die Bereitschaft, Waren und Dienstleistungen online zu bestellen, hat sich der DTC Markt in Deutschland rasant entwickelt. In vielen Branchen entstehen Unternehmen, die altbekannte Produkte neu gestalten und für bestimmte Zielgruppen zugänglich machen, ohne dabei auf die großen Einzelhandelsketten zurückzugreifen. Private Label und White Label helfen Unternehmern dabei, sich auf das Marketing und den Vertrieb zu konzentrieren, während Spezialisten die Produktion und Logistik übernehmen.